Briefwechsel 

zwischen

Friedrich Maximilian Klinger und Wilhelm Heinse, 

zunächst über

d a s  S c h a c h s p i e l
Friedrich Maximilian Klinger an Wilhelm Heinse, 
genannt Rost, in Düsseldorf.

                                             Mainz, im Dezember 1777.

     Lieber Bruder Rost, längst hätte ich Dir geschrieben,  wenn mich
der  Teufel nicht immer am Schopf  hätte und  mich  zusammmenreiten
wollte - bis  man ihn  dann  unter  sich  bringt auf  eine Zeit lang, da
hört  verdammtes  Ringen und Kämpfen  dazu. Heute  bin  ich  einmal
heitern  Sinnes . . . . . .  kann Dir  am  Ende aber doch  weiter nichts
sagen,  als  daß  ich Dich  lieb  habe,  mit all´  den  edlen und  braven
Seelen dort. Das  sag´  ihnen,  lieber  Bruder ;  und  sag´  ihnen,  wie
mannichfaltiger Trost mir  dies  sey,  nächst  dem  Gedanken,  daß  sie
meiner mit Theilnehmung gedächten.
      Zeither hab´  ich meine Verstands -Kräften in etwas mit dem edlen
Schachspiel geübt und bin honneur  a´  l´espirit  ziemlich  weit avancirt.
Die beste Mlle. Falmer * )  hat mir ein Gleiches von Dir erzählt,  wie
aber Dein Muth dabei  gesunken wäre,  nebst Deinen Worten,  die Dir
ziemlich ähnlich sahen. Ich sag´ Dir nun, daß die Helden Griechenlands
sich auch mit diesen königlichen Spiel  belustigen,  wie Vater Homer in
der Odyssee  und sagt.  Ich denk das soll tiefer Sporn  in  die Seiten
Deines  Herzens  seyn. - Komm´ her  und  laß  uns  Lanzen  brechen.
Seiler und Donna erinnern Dich an Dein Versprechen,  uns in Mainz
zu besuchen, und ich rufe Dir zu: Komm !
       Schaff´ mir doch  Lenzen´s  Brief  an  den  besten Fritz. Erinnere
ihn,  daß  er ihn mir  versprochen  hat. Versichere  ihn,  daß  ich  keinen
Gebrauch davon machen werde,  der Lenzen schaden könne  -  ich  meine,
man kann sich auf mein Wort verlassen.
      Seiler  und Donna  grüßen  und  küssen  Fritz,  Georg, den Herrn
Grafen und Dich,  und grüßen die Frau Kammerräthin,  Mlles. Schwe-
stern und erinnern sie des Löwen** ),  der immer gegen sich wüthet und
sonst niemand schadet,  noch schaden möchte.
      Schreib´ gleich  und schick´ den Brief und komm !

                                                             Klinger.
                                         ___________

*) Dlle. Fahlmer wird von Göthe in dessen Leben als eine Dame von großer 
Zartheit des Gemüths und ungemeiner Bildung  des Geistes gerühmt, die zur 
Vermittlung eines freundschaftlichen  Verhältnisses  zwischen  ihm und  den
Brüdern Jacobi vorzüglich beigetragen habe. (S. Werke Bd. 26, 14. Buch.)

**) So wurde Klinger in jenem Kreise genannt.
 

Quelle:  Aus dem Gedenk - Buch  zur vierten Jubelfeier der Erfindung der 
Buchdruckerkunst begangen zu  Frankfurt am Main am 24. ten und 25. ten
Junius 1840 - Eine Festgabe herausgegeben von den Buchdruckern, Schrift-
giessern und Buchhändlern.   - Erinnerungsblätter aus dem geistigen Leben
der Vergangenheit  (1756 - 1833).      - Aus der Sturm und Drangperiode.
- Briefwechsel zwischen Klinger und Heinse,  zunächst über das Schachspiel
Seite  96 - 97.


 
 


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